Immer mehr Menschen wird eine faire Herstellung der Produkte, die sie kaufen, wichtig. Insbesondere jenen, die auf eine nachhaltige Produktion ihrer Kleidung achten ist es wichtig, dass diese auch fair produziert wird. So hat auch eine unserer ersten Marktstudien ergeben, dass 57% der Befragten von nachhaltiger Kinderkleidung erwarten, dass diese auch fair produziert ist.
Doch was ist eine faire Produktion? Ist der Verzicht auf Kinderarbeit, mit dem sich dann viele als Definition aufgrund der undurchsichtigen Situation zufrieden geben müssen, schon fair? Mitnichten. Was Fairness für die jeweiligen Hersteller*innen bedeutet, ist oft intransparent.
Was bedeutet faire Kindermode für uns? Als kleines Label können wir (noch) keine Gütesiegel bezahlen, doch wir legen die Karten auf den Tisch.
Im Folgenden wollen wir dir kurz vorstellen, wo wir unsere Stoffe beziehen und wo für uns genäht wird. Mit unserem Nähstudio haben wir sogar ein kleines Interview für euch vorbereitet. 😊
Faire Stoffe für faire Kindermode
Faire Stoffe zu finden ist ein Punkt, den ich mir zu Beginn der Reise mit pauakids definitiv einfacher vorgestellt hatte. 😅 Mittlerweile haben sich ein paar Lieblingsstoffe herauskristallisiert und mit Ege Organics haben wir einen passenden Supplier gefunden, der eine gute Auswahl an sehr hochwertigen Stoffen auch für kleine Brands liefert. Unsere Stoffe sind einerseits aus Bio-Baumwolle, die in der türkischen Ägäisregion in langjähriger Zusammenarbeit mit lokalen Bauern angebaut wird. Die Baumwollstoffe, die wir beziehen, sind GOTS zertifiziert. Zudem setzen wir auf Stoffe aus TENCEL(TM) Fasern, die von der österreichischen Lenzing AG aus nachhaltig bezogenem Holz hergestellt und ebenfalls in der Türkei versponnen werden.
Produziert im sozioökonomischen Nähstudio
Was uns besonders freut ist, dass wir über ein befreundetes Start-Up (➡️ NIRMI, die Babytrage aus Naturstoffen, die slow-textile Künstlerinnen stärkt - highly recommended!) zu ANKAA Project gefunden haben. ANKAA ist ein sozioökonomischer Betrieb in Athen, Griechenland, der - auch aber nicht nur - ein Nähstudio betreibt.
Das luxemburgisch-griechische Non-Profit-Projekt unterstützt Menschen, die flüchten mussten und/oder von Arbeitslosigkeit betroffen sind, auf vielen verschiedenen Ebenen. So werden zum Beispiel Sprachkurse angeboten, Kochkurse sowie eine Ausbildung zur*m Schneider*in. Zudem gibt es kreative Workshops, die sozial integrativ wirken und es wird Hilfestellung bei notwendigen Behördengängen, im Umgang mit dem lokalen Gesundheitssystem und anderen Herausforderungen des täglichen Lebens geboten.
Wir haben der Co-Founderin, Line, und unserer Produktionsmanagerin, Mariangela, ein paar weiterführende Fragen gestellt:
Wie finden die Menschen zu ANKAA?
Das ANKAA-Projekt befindet sich in einer belebten Nachbarschaft von Kypseli in Athen. Viele Menschen finden uns über Mundpropaganda. Menschen außerhalb Griechenlands können uns über Facebook, Instagram oder unsere Website kontaktieren und weitere Informationen über uns erhalten.
Was finden die Menschen bei ANKAA?
ANKAA ist sowohl ein Bildungszentrum für Migrant*innen als auch ein Produktionsort für verschiedene Marken im Modebereich.
Wir bieten Schulungen für gefährdete Personen im Bereich Nähen, Griechisch und Berufsfähigkeiten-Unterstützung an. Gleichzeitig wenden sich Unternehmen an uns, um einen ethischen Produktionsort für verschiedene Produkte (Taschen, Accessoires, Kleidung und Firmengeschenke aus recycelten oder lokalen Materialien) zu finden. Unsere Kunden kommen zu uns, weil sie an einem nachhaltigen Produktionssystem und fairer Mode interessiert sind.
Wie lange bleiben die Menschen innerhalb eurer Bildungsprojekte engagiert?
Das kann stark variieren. Die meisten Schülerinnen und Schüler im Bereich Maßschneiderei besuchen etwa ein Jahr lang unsere Kurse. Die Kurse sind in 3-monatige Abschnitte unterteilt. In der Regel möchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer weitermachen, um das nächste Level zu erreichen. Bei Sprachkursen bleiben manche nur 6 Wochen, andere bleiben ein paar Monate.
Man darf nicht vergessen: ANKAA arbeitet in einem sehr instabilen Umfeld, geprägt von sich permanent ändernden Bedürfnissen und wachsenden Verpflichtungen unserer Studierenden. Stichwort Asylverfahren, Wohnen, Beschäftigung etc. Dem versuchen wir uns bestmöglich anzupassen.
Ein wichtiger Bestandteil von ANKAA sind die Schneiderkurse, die unterschiedlichen Niveaus angeboten werden. Müssen die Menschen Vorkenntnisse im Nähen haben, um daran teilnehmen zu können?
In den Anfängerkursen akzeptieren wir jede*n, der/die engagiert und bereit zu lernen ist - ohne jegliche Vorkenntnisse oder Voraussetzungen. Darauf aufbauend bieten wir Kurse für Fortgeschrittene an, worin Studierende mit den Nähmaschinen vertraut sein müssen, um sich in das Schnittmusterdesign vertiefen zu können.
Im Näh-Atelier werden einerseits eigene Produkte hergestellt (mimycri by ANKAA) und es wird auch für Kunden wie uns, pauakids und NIRMI, produziert. Wie viele Schneider und Schneiderinnen arbeiten dauerhaft im ANKAA Nähstudio?
Wir haben derzeit 3 Schneider in unserem Atelier beschäftigt: Sobhan (im Bild unten), Fariba und Stanley, sowie einen, der die Schnitte macht (Hara). Außerdem leite ich, Mariangela, das Atelier, begleite den Produktionsprozess, beantworte Designfragen und unterstütze das Team bei der Arbeit hier.
Sind die Schneiderkurse mit dem Produktionsatelier verbunden, so dass die Studierenden erste Berufserfahrungen bei ANKAA sammeln können?
Das Ziel des ANKAA Hybridmodells ist es, Schneiderkurse mit Bezug zur Modeindustrie anzubieten und Ausbildungsmöglichkeiten bei uns anzubieten. Alle Studierenden, die die Kurse abschließen und nach einer Stelle in der Branche suchen, können bei uns in der Produktion im Team Schulungen erhalten. Tatsächlich war einer unserer aktuellen Schneider im letzten Jahr unser Student.
Wie viele haben nach Abschluss des Ausbildungsprogramms bereits eine Stelle gefunden? Gibt es Zahlen, in welchen Ländern die ANKAA Studierenden Arbeit finden?
Es ist leider sehr schwierig, genaue Zahlen für diese Fragen zu liefern. Oft informieren uns die Menschen nicht darüber, wohin sie gehen, wenn sie ANKAA verlassen. Einige Studierende halten uns auf dem Laufenden, aber nicht jeder tut das. Wir haben einige konkrete Beispiele von Menschen, die Griechenland verlassen haben und im Ausland eine neue Zukunft aufbauen (häufig in Deutschland). Wir haben auch einige Studierende, die während der Tourismussaison Jobs im Gastgewerbe finden.
ANKAA arbeitet derzeit daran, weitere Verbindungen zu geprüften Arbeitgebern in der Textilherstellung aufzubauen, um unsere Studierenden auf ihrem Weg zur sozialen Integration und Beschäftigung weiter zu unterstützen.
Plant ihr, die Produktionsaktivitäten für Kund*innen auszuweiten?
Definitiv ja. Was ANKAA auszeichnet, ist die Tatsache, dass wir als Hybridmodell fungieren. Wir sind nicht nur auf Zuschüsse und Spenden angewiesen, sondern haben soziale Geschäfts- und Unternehmensaktivitäten entwickelt, die eng mit unseren Bildungsprogrammen verbunden sind. Dies mag in anderen Teilen der Welt vielleicht wenig innovativ erscheinen, aber zum Beispiel in Griechenland ist dies üblicherweise (noch) kein Modell, auf dem andere Organisationen/Unternehmen aufbauen.
Das ist es, was wir weiter auf- und ausbauen wollen: unseren Kundenstamm erweitern, um finanzielle Nachhaltigkeit für unsere Bildungsprogramme zu erreichen, sowie das Wachstum unserer Upcycling-Produktion zu forcieren, um damit insgesamt mehr Arbeitsmöglichkeiten für diejenigen zu schaffen, die stark diskriminiert werden.
Gibt es noch etwas, das unsere Leserinnen und Leser über ANKAA wissen sollten?
Unser Ziel ist es, im Zuge unserer Ausbildungsprogramme künftig intensiver mit lokalen, griechischen Herstellern in der Textilbranche zusammen zu arbeiten, um unseren Studierenden noch bessere Jobperspektiven anbieten zu können und Anstellungsverhältnisse zu vermitteln, die direkt an die Ausbildung anschließen. Durch die Kooperation mit anderen Herstellern können wir so noch einen größeren Impact erzielen.
Liebe Line, Liebe Mariangela, darf ich euch zum Abschluss noch um eine persönliche Perspektive von bitten: was gefällt euch am meisten an der Arbeit bei ANKAA?
Mariangela: Das ANKAA-Projekt ist ein Ort der Inklusion und Kreativität. Wir hören auf die Stimmen aller, lernen voneinander und entwickeln uns ständig weiter. Und das nicht nur in Bezug auf unsere praktischen Fähigkeiten, sondern auch bezogen auf unsere Dienstleistungen. Ich habe das Glück, mit Partnern zusammen zu arbeiten, die nicht nur innovative Ideen haben, sondern auch Respekt gegenüber Mensch und Umwelt haben, und mit Studierenden arbeiten zu können, die einzigartige Perspektiven und Fähigkeiten mitbringen.
Line: ANKAA ist ein Abenteuer mit Höhen und Tiefen und war die bisher größte Lernerfahrung für mich. Das ist es, was ich wirklich sehr schätze: wir als Team und ich persönlich, hören nie auf zu lernen. Wir mussten uns anpassen und verändern aufgrund des Kontexts, der Bedürfnisse der Menschen, mit denen wir arbeiten usw. Daran haben wir gearbeitet und tun es nach wie vor. Unsere große Stärke ist, dass das gesamte Team stets hinter ANKAA, und allem was bei uns passiert, steht. Wir mögen vielleicht alle ein bisschen verrückt sein, aber ich könnte nicht glücklicher über und stolzer auf jedes Mitglied sein, das dieses Projekt vorantreibt.
Wenn ihr ANKAA Project unterstützen wollt, findet ihr hier weitere Informationen zur aktuellen #donate4future-Kampagne.
