Eltern haben für Kinder wichtige Vorbildfunktionen. Wie können wir Eltern unsere Kinder empowerend und stärkend begleiten? Im vorigen Blogbeitrag haben wir mit unseren „Tipps zur Reflexion für eine Erziehung ohne Klischees“ sozusagen fruchtbaren Boden bereitet, um uns mit weiteren Handlungsoptionen für eine gendersensible und diskriminierungskritische Begleitung der Kinder zu beschäftigen. Wir haben uns die Wirkmacht von Klischees verdeutlicht und Möglichkeiten festgehalten, wo wir mit Achtsamkeit der Zementierung von Stereotypen entgegen wirken können.
Nachdem wir ausgiebig reflektiert haben, geht es mit unseren „Tipps gegen Schubladendenken“ nun weiter zum Thema „Vorleben und Vorbild sein“.
10 Tipps wie ihr für eure Kinder ein empowerndes Vorbild sein könnt
1. Begegnet euch mit Selbstliebe
Wie wir alle wissen, schauen sich Kinder sehr viel ab. So nehmen sie auch unsere Selbstzweifel mit auf und unseren, zum Teil negativ belasteten Umgang mit dem eigenen Körper.
Deshalb möchten wir an euch den Appell richten: auch falls ihr Konflikte mit euren Körper haben solltet, versucht ihn gern zu gewinnen oder ihm zumindest wertneutral zu begegnen und vor allem keine abfälligen Bemerkungen darüber vor Kindern zu machen. Wir wollen ihnen ein positives Körpergefühl für ihr Selbstwertgefühl mitgeben. Wenn wir unseren eigenen Kampf mit dem Körper vor ihnen austragen torpedieren wir das.
2. Eine umfassende Person sein
Diese Anregung geht auf das Buch von Chimamanda Ngozi Adichie „LIebe Ijeawele…“ zurück: „Eine umfassende Person sein“. – Was bedeutet das?
Ihr seid mehr als ein Elternteil. Ihr habt noch ganz viele andere Rollen, Wünsche und Ansprüche. Ihr seid Mama oder Papa, ev. Lohn arbeitend, seid Hobbysportler:in, Bastler:in, Puzzle-Bauer:in, seid religiös, meditiert vielleicht gerne, geht gern spazieren – was auch immer.
Befreit euch vom perfektionistischen Anspruch an das Eltern-Dasein und macht euren Kindern klar, dass ihr nicht nur in Beziehung zu ihnen existiert, sondern noch ganz viele andere Rollen, Aufgaben und Wünsche habt.
3. Position beziehen
Ein Denkanstoß, der nicht immer leicht umzusetzen ist, aber große Vorbildwirkung haben kann: Position beziehen, wenn wir in Situationen kommen, in welchen Menschen diskriminiert oder abgewertet werden und sich aktiv für sie einsetzen.
Es ist mit Bedacht abzuwägen, ob es unsere Kräfte gerade erlauben, dass wir Vorurteile ansprechen oder uns im öffentlichen Raum als Ally positionieren. Doch wenn wir es schaffen, kann das eine große Wirkung entfalten.
Und schaffen wir es einmal, werden wir es wieder schaffen.
4. Menschen sind gleichwertig
Menschen sind nicht gleich. Sie sind gleichwertig. Und vielfältig.
Wir lassen uns noch einmal von der Autorin Chimamanda Ngozi Adichie inspirieren: Vielfalt muss gewöhnlich sein. Diversity muss im Alltag einziehen, um unseren klischeehaften Schablonen im Kopf etwas entgegen zu setzen.
Wenn jemand anders aussieht als wir bzw. andere Möglichkeiten hat als wir, dann darf dies nicht abgewertet werden. Wir müssen darauf achten, dem wertfrei gegenüber zu treten. Leicht geschrieben, aber wenn die Klischees im Kopf kicken, ist dies mitunter gar nicht immer so leicht, vor allem wenn wir reflexartig reagieren.
Ein Beispiel: ein Mensch im Rollstuhl wird, aus einem Hilfsangebot heraus, einfach in die U-Bahn hinein geschoben, es wird nicht abgewartet ob der Mensch das wirklich braucht oder will. Stellt euch mal vor, das macht wer mit euch… 🧐5. Pflege einen wertschätzenden Umgang mit anderen
Vielleicht ist das ein „Ja, no na…“-Tipp wie man auf „gut-österreichisch“ zu sagen pflegt. Soll heißen: sollte eigentlich selbstverständlich sein. Aber wenn eins beobachtet, wie manche Menschen manchmal behandelt werden, muss man festhalten, dass es das leider nicht ist.
Deshalb ist es für uns und für ein faires Miteinander wichtig zu betonen: achtet auf einen wertschätzenden Umgang mit allen Menschen.
Gleich welchen Geschlechts.
Gleich welcher Hautfarbe.
Gleich welcher Religion.
Gleich welcher beruflichen Tätigkeit.
Gleich mit welchen Abilities.
Gleich welchen Wohlstands.
Ihr lebt es euren Kindern vor und sie werden in eure Fußstapfen treten.
6. Aufklärung ist Empowerment
Aufklärung kann nicht früh genug beginnen. Deshalb: keine Scham! Bringt euren Kindern bereits früh wertfreie Worte für ihre Genitalien bei.
Kinder müssen Vulva und Penis benennen können, damit sie darüber sprechen können. Ohne Scham über die eigenen Genitalien sprechen zu können, bietet auch einen gewissen Schutz vor sexuellem Missbrauch. Für die altersgerechte Aufklärung von Kindern, können Bücher eine große Hilfe sein.
Nehmen wir dem Schambereich seine Scham. Für junge Erwachsene ist es sehr empowernd, frei über den eigenen Körper, die Genitalien, die Menstruation und Sex sprechen zu können. Die Grundsteine dafür werden schon im Kindesalter gelegt.
7. Nein sagen lernen (lassen)
Vor allem Frauen wurden bisher häufig so sozialisiert, dass es ihnen immer wieder sehr schwer fällt, zu etwas „Nein“ zu sagen, wenn sie um etwas gebeten werden.
Kennt ihr das auch, die Frage vom Vorgesetzten oder der Vorgesetzten „Kannst du noch schnell <beliebige Aufgabe einsetzen> machen?“ obwohl eigentlich schon längst Feierabend wäre? 🙄
Übt selbst „Nein“ zu sagen wenn ihr schon genug Aufgaben habt, aber lernt auch euren Kindern, dass ein „Nein“ in bestimmten Situationen ok oder sogar notwendig sein kann. Es gibt natürlich essenzielle Dinge, die erledigt werden müssen, wo ein „Nein“ als Elternteil nicht akzeptiert werden kann. Aber dazwischen gibt es ebenso Situationen, in denen wir Eltern ein „Nein“ auch mal hinnehmen können und z.B. einen anderen Weg, als den von uns gewünschten, aushandeln können.
Das ist zwar oft sehr anstrengend – vor allem dann, wenn die Kids gerade in einer Phase stecken, wo sie zu allem und jeder „Nein“ sagen. 😉 Doch auf lange Sicht wird es ihnen dabei helfen, auf sich selbst und die eigenen Kräfte acht zu geben.
8. Gefühle zulassen und selbst ausdrücken
Wir selbst haben im Laufe unseres Lebens zum Teil schon sehr gut gelernt unsere Gefühle in Zaum zu halten. Wobei uns das nicht immer gut tut, wenn wir sie permanent ignorieren und uns keinen Raum geben, sie zuzulassen.
Hier können wir uns selber an der Nase nehmen und darauf achten, dass auch wir im Alltag mehr über unsere Gefühle reden und kommunizieren wie es uns gerade geht.
So lernen auch die Kinder besser, mit ihren Gefühlen umzugehen, denn sie werden oft regelrecht von ihnen gebeutelt. Mach den Kindern klar, dass sie und ihre Gefühle so in Ordnung sind.
Buben werden beispielsweise immer wieder dazu angehalten, nicht zu weinen, aber wildes Verhalten und Aggressionen werden bei ihnen eher zugelassen. Auch über diese Unterschiede müssen wir uns bewusst werden und darauf achten, sie im Rahmen unserer Begleitung von Kindern so gut es geht aufzulösen.
9. Bewegung und körperlichen Ausdruck fördern
Egal in welcher Form: ob Klettern, Fußball, Tanz oder Verkleiden.
Bewegung und körperliche Ausdrucksformen sollten wir fördern, auch wenn sie nicht in die Klischee-Schublade passen – vielleicht gerade dann.
Der Bewegungsdrang von Kindern ist immer sehr individuell und wir sollten sie darin unterstützen, sich auf verschiedenste Arten ausprobieren zu können. Unabhängig von Geschlecht und Rollenklischees, je nach Interessenlage der Kinder.
Eigene Erfahrungen zeigen, das ist zwar leicht gesagt und schnell vorgenommen, doch Räume zu finden, wo das auch klischeefrei (vor)gelebt wird, sind nicht immer leicht zu finden. Zum Beispiel beim Thema Tanz: eine Kindertanzgruppe zu finden, wo es nicht nur um hübsche Inszenierungen im Tutu geht und sich alle Geschlechter wohl fühlen, kann sich schwierig gestalten.
10. Aufwertung von Sorge-Arbeit und der Arbeit im Haushalt
Oft genug wird die Arbeit von „nur Hausfrauen“ abgewertet. Dabei ist diese Arbeit für das Funktionieren und das Bestehen einer jeden Gesellschaft essentiell. Damit wird eine Basis hergestellt, auf der alle gesellschaftlichen Bereiche inklusive der Wirtschaft, aufbauen. Leider wurde das bisher in der Ökonomie immer ausgeklammert. Ein Umdenken läuft träge an, doch ist es essentiell um Vereinbarkeit herzustellen und zukunftsfähige, nachhaltig agierende Unternehmen zu etablieren.
Auf Familienebene können wir hier ein Zeichen setzen, indem wir unseren Kindern vorleben, dass Fürsorge und Sorge-Arbeit wichtig sind und allen Elternteilen Freude bereitet.
Selbiges gilt für die Hausarbeit. Wir finden es ist notwendig, den Kindern vorzuleben, dass die Arbeit im Haushalt für das Zusammenleben wichtig ist, diese wertgeschätzt wird und jede Person ihren Anteil leisten muss. Besonders natürlich die erwachsenen Menschen, die sie idealerweise gerecht aufteilen.
Was denkt ihr? Was ist euch in eurer Vorbildfunktion noch wichtig? Lasst uns gerne eure Meinung in den Kommentaren da.
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