Bestehend aus den lateinischen Bezeichnungen „unus“ und „sexus“ für „einer“ und „Geschlecht“ ergibt sich rasch die Wortbedeutung von Unisex als „ein Geschlecht“ bzw. für ein Geschlecht. Bei Unisex Produkten gibt es demnach keine geschlechtsspezifischen Unterscheidungen oder Abwandlungen. Sie sind für alle Geschlechter gleich.
Im Folgenden wollen wir mit euch kurz die Bedeutung von Unisex in der Mode beleuchten und etwas näher eingehen auf:
- die historische Entwicklung von Unisex Kleidung
- die Unterscheidung zwischen Unisex by Design und Adaptionen
- Herausforderungen für die wahre Bedeutung von Unisex
Was bedeutet Unisex in der Mode?
Für viele bedeutet Unisex vielleicht noch over-sized Mode für alle, die zwar super bequem ist, aber den Style-Faktor missen lässt. Doch gibt es zahlreiche Designer:innen und Labels, die stylische und ästhetische Unisex Kleidung entwerfen.
Bedeutete früher Unisex dass Männermode für Frauen adaptiert wurde, wird heute immer mehr die Frage zur Diskussion gestellt, warum nicht auch für Frauen etablierte Kleidungsstücke von Männern getragen werden können. Mit gewissen Herausforderungen.
Geschichtliche Entwicklung von Unisex Kleidung
In einem Artikel von Barbara Vinken wird die Entwicklung der Mode seit der Französischen Revolution auf spannende Art und Weise aufgearbeitet. Bis dahin trugen Männer durchaus körperbetonte Kleidung wie Leggings und Strümpfe (wie im Bild nachstehend Ludwig der I., König von Spanien) und sie konnten sich schmücken und schminken. Adelige Männer wohlgemerkt. Damals hatte Mode die Funktion vor allem die Stände voneinander zu unterscheiden. Seit der Französischen Revolution nahm Mode dann die Funktion ein, die Geschlechter zu differenzieren.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann dann der Siegeszug des schlichten und schmucklosen Anzugs. Der Anzug wird zum Sinnbild für einen bürgerlichen, reifen, europäischen Mann, der nicht die Zeit hat, sich viel um seine Garderobe oder Schmuck zu kümmern, da er sich seiner geistigen Arbeit widmen muss. (vgl. Vinken S. 18)
Der Anzug des Mannes bezieht sich somit auf den Intellekt des Mannes. Er lenkt nicht mit Schmuck und Verzierung von seiner geistigen Größe ab, sondern lässt Raum für die Persönlichkeit. Die Frauenmode damals wird als anachronistischer, aristokratischer Überrest im bürgerlichen Zeitalter wahrgenommen. Die Ehefrau ist schmückendes Beiwerk des Mannes. Ihre Kleider verdeutlichen den Reichtum des Mannes. Dies ist auch wichtig, um seine Kreditwürdigkeit darzustellen. (vgl. Vinken S. 20f)
„Das bestimmende Prinzip der weiblichen Mode in der Moderne ist die systematische Übertragung von Männerkleidern in Frauenkleider.“ (Vinken S. 22) So begannen dann auch im 20. Jahrhundert die Frauen den Anzug für sich zu beanspruchen. Der Anzug wird damit – scheinbar – zu einem Unisex Kleidungsstück.
Scheinbar deshalb, weil sich mit dieser Übertragung in das Kleidungsrepertoire der Frauen, auch die Schnitte des Anzugs veränderten. War dieser vorher das Gegenteil von körperbetont und hat den Körper des Mannes darunter eher aufgelöst, werden die Schnitte für Frauenanzüge taillierter, eng anliegender und weniger einheitlich.
Adaptionen vs. Unisex by Design
Der Anzug, der ehemals nur Männern vorbehalten war, wurde für Frauen adaptiert, aber es wurden nicht alle Funktionen genau so übernommen. Die Auflösung der Körperlichkeit darunter, wie es dem Herrenanzug inne wohnte, wurde nicht mit übertragen. Die uniformierende Vergemeinschaftlichung blieb aus.
Im Gegensatz dazu meint „Unisex by Design“, dass Kleidung von vorne herein so gestaltet ist, dass sie von allen Geschlechtern getragen werden kann. Sie erhebt den Anspruch, bewusst neutral gehalten zu sein. Diese vermeintliche Neutralität ist, bzw. war zumindest in der Vergangenheit, sehr stark an Männermode angelehnt. Unisex Mode bedeutet häufig immer noch androgyn gehaltene Mode, die sich aber zwischen den Geschlechtern positioniert.
Herausforderungen für die wahre Bedeutung von Unisex
Hiermit sind wir bei den aktuellen Herausforderungen angelangt. „Unisex by Design“ wohnt ebenfalls der Beigeschmack inne, dass das neutrale Element auf das die Mode sich bezieht, jene des Mannes ist. Der Mann wird damit zur objektivierten Norm. Das Männliche als das Normale, als Standard, das kennen wir schon gut aus anderen Debatten und wird auch hier schlagend.
Derzeit ist, zum Beispiel in den Sozialen Medien, immer wieder zu beobachten, welch starker Gegenwind Männern entgegen weht, die gerne Kleider oder Röcke tragen, die allgemein als Frauenkleidung betrachtet werden. Sie werden angefeindet und mit regelrechten Shit Storms überzogen. Erschreckenderweise auch oft von Frauen, die dann mit ähnlich abwertenden Strategien und Beschimpfungen kommen, wie sie ihrem Geschlecht ein paar Jahrzehnte zuvor entgegen geworfen wurden.
Letztlich ist festzuhalten, dass es einer schrittweisen Auflösung der geschlechtlichen Zuschreibungen bei Farben, Mustern und Schnitten bedarf, um wirklich Unisex by Design und damit geschlechtsneutral sein zu können. Schließlich soll es in einer inklusiven Gesellschaft allen Geschlechtern möglich sein, sich so auszudrücken, wie es dem Wesen des eigenen Seins entspricht.
Zum Weiterlesen, wenn ihr noch ein bisschen mehr zu unserem Verständnis von geschlechtsneutraler Mode lesen wollt und warum wir es für wichtig erachten.
Oder ihr schaut euch im Shop mal unsere Unisex Mode an. 😉
Quellenangabe:
Vinken, Barbara: Männer sind die neuen Frauen: Unisex oder Cross-Dressing? S. 11-27. In: Gürtler, Christa: Kleiderfragen. 2015. Bielefeld.
Fotos: Stock-Fotos & Miriam Mehlman Fotografie (Nr. 4)